Das Gastgewerbe im Lichte der Corona-Pandemie – Das war der Bayerische Gastgebertag 2020

Aiwanger bezeichnet Gastgeber als „Seele Bayerns“ und „systemrelevant“ / Inselkammer machte Mut und zeigte Chancen auf, gestärkt aus der Krise zu kommen / Geppert betonte Wichtigkeit der Umsatzsteuerreduzierung und forderte weitere pandemiebedingte Rettungs- und Reformmaßnahmen

(Augsburg) Der Bayerische Gastgebertag, renommierter Branchentag für das bayerische Gastgewerbe initiiert vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern, fand gestern in Augsburg bereits zum vierten Mal statt – trotz oder auch gerade wegen der Coronakrise. Kaum verwunderlich, dass das alles bestimmende Thema das Gastgewerbe im Kontext der Pandemie war. Es war ein Tag, der Branche zu Mut machen, weiterzumachen und gestärkt aus der Krise zu gehen. Aufgrund strenger Hygieneauflagen durften die Veranstaltung vor Ort nur 200 Personen besuchen. Ein Livestream gab jedoch die Möglichkeit auch virtuell teilzunehmen.

Der Bayerische Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Hubert Aiwanger, begann seine Rede mit der Feststellung, dass dem Gastgewerbe vor der Corona-Pandemie zu wenig Bedeutung beigemessen worden sei. Erst mit dem Lockdown habe sich der Verlust an Lebensqualität durch den Wegfall der gastronomischen Einrichtungen gezeigt. Die Aufgabe der Politik sei es nun, maßvolle Regelungen in dieser Krise zu treffen. Es müsse „an den richtigen Stellschrauben gedreht werden“. Manche Vorgaben an die Branche gingen am Ziel vorbei. Der Aufenthalt in Hotels und Restaurants sei angesichts der guten Hygienekonzepte genauso sicher wie ein Einkauf im Supermarkt. Die Politik habe die Aufgabe, den Wirten Planungssicherheit zu geben. Aiwanger kündigte an, sich für die Digitalisierung im ländlichen Raum, die Flexibilisierung der Arbeitszeit sowie für die Verstetigung der Umsatzsteuerreduzierung einzusetzen.

Als Chance sah es der Minister, die „Marke Bayern“ weiter auszubauen und noch besser zu positionieren. Bayerische Regionalität sowie Qualität seien bei Gästen sehr beliebt. Aus diesem Grund entschieden sie sich für Urlaub im Freistaat. Bayern müsse als Gewinner aus dieser Krise hervorgehen. Die Wirte bezeichnete der Staatsminister als „die Seele Bayerns“ und dankte ihnen, dass sie ein „Kitt der Gesellschaft“ seien. Zuletzt gab Aiwanger den Wirten mit auf den Weg, „den Kopf jetzt nicht in den Sand zu stecken“ und als Unternehmer immer einen Plan B in der Tasche zu haben. Das Gastgewerbe werde aufgrund seiner Systemrelevanz überleben.

Angela Inselkammer, Präsidentin des DEHOGA Bayern, beschrieb die Coronakrise als die schwerste Krise seit dem 2. Weltkrieg, die die Branche sowie der Verband nun zu bewältigen hat. Sie konzentrierte sich in ihrer Rede auf die Chancen, die sich aus dieser Krise ergeben, machte Mut und hielt es dabei mit Max Frisch: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“ So war zu beobachten, dass bei vielen Betrieben die anfängliche Schockstarre in eine neue Produktivität überging: Betriebe entdeckten für sich das Potential der sozialen Medien, schlossen sich Lieferserviceplattformen an, kreierten Gutscheinaktionen oder stellten Pop-up-Gastronomien auf die Beine. Inselkammer hielt ihre Kollegen dazu an, diese Kreativität weiter auszubauen, mehr Mut zu Neuem zu haben und eine breitere Aufstellung in verschiedenen Geschäftsfeldern zu wagen. Die Präsidentin lobte außerdem den starken Zusammenhalt sowie den „Biss“ der Branche im Freistaat. So sei es geglückt die Umsatzsteuerreduzierung endlich durchzusetzen – wieder einmal ein Erfolg, der aus Bayern heraus angestoßen worden ist. 

Inselkammer beschönigte die Lage nicht; für die Branche sei es sehr schwer, mit der täglichen Unplanbarkeit zurechtzukommen – die Herausforderung in der kalten Jahreszeit würde nicht weniger werden. „Wir müssen weiter lernen, damit umzugehen und uns akkurat an die Regeln halten. Wir sind alle Unternehmer und als solche jetzt gefordert wie schon lange nicht mehr“, so die Präsidentin. Deutlich wurde sie auch beim Thema Kalkulation: Es sei von immenser Wichtigkeit, angemessene Preise für seine Dienstleistung zu nehmen. Um Liquidität zu schaffen und auch einen Unternehmerlohn zu erwirtschaften, müsse die Branche endlich richtig kalkulieren – besonders in der momentanen Lage, in der erhöhte Kosten durch weniger verfügbare Plätze, Masken- und Desinfektionsmittelbeschaffung sowie mehr Personalaufwand für Registrierung und Platzierung die Branche stark belasten.

In seinem Grußwort erinnerte Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des DEHOGA Bayern, außerdem daran, wie wichtig es für die Branche ist, besonders in Zeiten der Pandemie zusammenzustehen und mit starker Stimme zu sprechen. Auch Geppert führte die Durchsetzung der langgeforderten Reduzierung der Umsatzsteuer auf Speisen auf diese Stärke zurück. Es sei nun wichtiger denn je, diese Stimme nicht verstummen zu lassen – es müsse an den Hauptforderungen des DEHOGA Bayern mit Nachdruck festgehalten werden. Zu ebendiesen Forderungen zählen pandemiebedingte Rettungs- und Reformmaßnahmen sowie die Abschaffung des unverhältnismäßigen Beherbergungsverbots. Auch bedarf es einer Verlängerung der Außensaison und eine gesetzliche Klarstellung zur coronabedingten Pachtminderung. Des Weiteren ist zum Überleben des Gastgewerbes die dauerhafte Umsatzsteuerreduzierung unter Einbezug von Getränken von Nöten. Ebenso bleiben die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes durch eine Wochenarbeitszeit sowie die Reduzierung von Bürokratie Kernforderungen des Verbands.

Auch bei den Fachvorträgen drehte sich alles um das Thema Corona: So gab Sebastian Michels, Referent der igefa Gruppe und Arndt GmbH & Co. KG, praktische und sichere Hygienetipps in Zeiten der Pandemie. Benedikt Räther, Head of Customer Success von DIRS21 by TourOnline AG, stellte aktuelle Zahlen und Erkenntnisse rund um den Onlinevertrieb in der Krise vor und gab Handlungsempfehlungen. 

Abschluss des Branchentages war eine Diskussionsrunde zur aktuellen Situation des Gastgewerbes. Teilnehmer der Runde waren Prof. Dr. Gunnar Grün, stellvertretender Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik, Stefan Wild, Vorsitzender Fachbereich Hotellerie DEHOGA Bayern und Christian Kustermann, Regionalsprecher Oberbayern Forum Junge Gastgeber. Debattiert wurde über den Erfolg der Umsetzung kreativer neuer Ideen in der Krise, über den zum Erliegen gekommenen Geschäftstourismus sowie über mögliche Systeme zur Luftreinigung. Der DEHOGA Bayern hat gemeinsam mit der vbw, Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, eine Projektstudie zum Thema Lufthygiene durch das Fraunhofer-Institut initiiert. Die Ergebnisse dazu sollen bereits in drei Wochen vorliegen. In dieser Studie werden alle bekannten Methoden und Mittel im Bereich „Lüftung“ geprüft und simuliert sowie auf Humanverträglichkeit untersucht. Ziel ist es, Lösungen, die kostengünstig und ohne großen baulichen Aufwand schnell umsetzbar sind, zu entwickeln oder anzupassen.

Umrahmt wurde der 4. Bayerische Gastgebertag in Augsburg von einer Fachausstellung rund um das Thema Gastgewerbe. Der kommende Bayerische Gastgebertag wird am 25. Oktober 2021 in Oberfranken stattfinden.

 

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