FAQ’s - Arbeit auf Abruf

Am 14. Dezember 2018 wurde das „Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und kann damit wie geplant am 1. Januar 2019 in Kraft treten. Dieses Gesetz enthält auch eine Änderung von §12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), der die sog. „Arbeit auf Abruf“ regelt.

„Arbeit auf Abruf“ liegt vor, wenn zwar die Arbeitszeitdauer für einen bestimmten Zeitraum (Woche, Monat oder Jahr) zwischen den Parteien vereinbart ist, der Arbeitgeber aber die konkrete Lage der Arbeitszeit durch deren Abruf bedarfsabhängig bestimmen darf. Häufig enthalten entsprechende Vereinbarungen eine Mindestarbeitszeit.

 

Mit der Gesetzesänderung wird die Arbeit auf Abruf stärker gesetzlich reglementiert, als dies bisher der Fall war. Dadurch wird Hoteliers und Gastronomen, die z.B. im Biergarten- oder Saisongeschäft mit diesem Instrument arbeiten, ein weiteres Stück Flexibilität genommen. Auch wächst das finanzielle Risiko, wenn Arbeitgeber bei der Verwendung der Arbeit auf Abruf rechtliche Fehler begehen. Daher ist es jetzt noch wichtiger, sich mit den Möglichkeiten und Grenzen der Arbeit auf Abruf zu befassen und ggf. Prozesse und Arbeitsverträge anzupassen.

 

1. Was sagt die neue gesetzliche Regelung?

Hier finden Sie die alte und neue gesetzliche Regelung gegenübergestellt.

 

2. Was ist die Konsequenz, wenn die Vereinbarung mit der Abrufkraft keine bestimmte Arbeitszeitdauer festlegt?

Dann greift die Vermutungsregel, dass 20 Stunden pro Woche vereinbart sind. Dies

wiederum hat zur Folge, dass auch 20 Stunden vergütet werden müssen – egal ob

diese Stunden tatsächlich abgerufen und gearbeitet wurden oder nicht.

 

Bei unklar formulierten Arbeitsverträgen ist sogar das Risiko nicht ausgeschlossen,

dass im Streitfall ein Gericht auf die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit einer Vollarbeitskraft

zurückgreift. Das gilt insbesondere dann, wenn über längere Zeit hinweg

tatsächlich volle Stunden gearbeitet wurden.

 

3. Was gilt bei Minijobbern?

Minijobber sind arbeitsrechtlich Arbeitnehmer wie alle anderen auch. Das bedeutet,

auch für sie gilt die 20-Stunden-Vermutungsregelung, wenn sie auf Basis von Abrufarbeit

beschäftigt sind. Wenn ein Minijobber aber 20 Stunden pro Woche arbeitet,

überschreitet er selbst dann, wenn er nur den gesetzlichen Mindestlohn verdient,

deutlich die 450-Euro-Grenze. Das Arbeitsverhältnis wird damit sozialversicherungspflichtig

(in der sog. Gleitzone – Midijob).

 

Achtung: Hier droht ein „Phantomlohn-Risiko“ aufgrund des sog. Entstehungsprinzips

(das bedeutet, im Sozialversicherungsrecht entstehen Beitragspflichten schon dann,

wenn ein Arbeitnehmer ein Recht auf eine bestimmte Zahlung hat, nicht erst dann,

wenn die Zahlung tatsächlich geleistet wird).

 

4. Muss mit Abrufkräften zwingend ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen

werden?

Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist dringend zu empfehlen!

 

Denn wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegt, bringt das erhebliche Risiken für

den Arbeitgeber mit sich:

 

- Der Arbeitgeber kann kaum beweisen, dass eine bestimmte andere Stundenvereinbarung

getroffen wurde – mit der oben beschriebenen Konsequenz.

- Bei befristeten Arbeitsverhältnissen ist auch bei Abrufkräften eine nur mündlich

vereinbarte Befristungsabrede unwirksam - mit der Konsequenz, dass ein unbefristeter

Arbeitsvertrag zustande kommt.

- Das Nachweisgesetz begründet ohnehin die Pflicht, innerhalb von einem Monat

die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich nachzuweisen. Wer dies nicht tut,

hat zwar keine direkten Sanktionen zu befürchten. Aber im Streitfall drohen Beweisnachteile.

 

Musterarbeitsverträge und Musterklauseln für Verträge mit Abrufkräften erhalten

DEHOGA-Mitgliedsbetriebe bei ihrem DEHOGA Landes- bzw. Bezirksverband.

 

Wie bisher gilt aber: Schriftlichkeit ist keine Voraussetzung für einen Arbeitsvertrag.

Auch ein mündlicher Arbeitsvertrag ist ein wirksamer Arbeitsvertrag. Und auch eine

mündliche oder konkludente Stundenvereinbarung sind möglich.

 

5. Was ist die Konsequenz, wenn der Arbeitgeber die Arbeit kürzer als vier Tage

vor dem Einsatz angekündigt?

Der Arbeitnehmer ist nicht zur Arbeit verpflichtet (Leistungsverweigerungsrecht). Es

steht ihm aber frei, den Arbeitseinsatz trotzdem anzunehmen, dann hat er natürlich

den entsprechenden Vergütungsanspruch. Wenn der Arbeitnehmer die zu kurzfristig

abgerufene Arbeit nicht leistet, hat er in der Regel auch keinen Vergütungsanspruch

(es sei denn, der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug).

 

6. Dürfen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine kürzere als die Viertagesfrist vertraglich

vereinbaren?

Nein. Vertragsabreden, in denen eine kürzere Ankündigungsfrist vereinbart wird oder

der Arbeitnehmer generell auf die Ankündigungsfrist verzichtet, sind unwirksam.

Das gilt auch bei erst kurzfristig entstehendem Bedarf, z.B. wegen Wetterveränderung

oder kurzfristigen Reservierungen. Hier kann der Arbeitgeber nur darauf setzen,

dass ein Arbeitnehmer freiwillig kurzfristig „einspringt“.

 

7. Was ist die Konsequenz, wenn der Arbeitgeber eine kürzere Zeit als drei aufeinanderfolgende

Stunden abruft?

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitnehmer dann das

Wahlrecht:

- Er kann die kürzere Arbeitsleistung ohne Einschränkung erbringen.

- Er kann die kürzere Arbeitsleistung erbringen, allerdings unter Bezahlung bzw.

Anrechnung von drei Stunden.

- Oder er kann die kürzere Arbeitsleistung gänzlich ablehnen. Dann hat er allerdings

auch keinen Vergütungsanspruch.

 

8. Dürfen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine kürzere aufeinanderfolgende Arbeitszeit

als drei Stunden vereinbaren?

Ja. Die Drei-Stunden-Mindestarbeitszeit gilt nur für das einseitige Abrufrecht des Arbeitgebers.

Dadurch soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer entgegen seinen

Erwartungen nur für kurzzeitige Einsätze herangezogen wird, was zu unverhältnismäßigen

Anfahrtswegen oder zu einer „Zerstückelung“ des Tages führen kann. Einzelvertraglich

kann auch eine kürzere Arbeitszeit als drei Stunden vereinbart werden

(z.B. immer zwei Stunden zur Stoßzeit während der Hauptessenszeiten).

 

9. Was ist zu empfehlen, wenn der Arbeitszeitbedarf nicht abschätzbar ist?

Grundsätzlich sei vorausgeschickt: Das Kalkulieren des Arbeitsbedarfs ist insbesondere

in Betrieben, die vom Wetter oder sonstigen starken Nachfragespitzen abschätzen,

eine große Herausforderung. Es ist jedoch Aufgabe des Arbeitgebers, dies möglichst

genau abzuschätzen. Alle Arbeitszeit-Flexibilisierungsinstrumente haben deshalb

rechtliche Grenzen, deren Ziel es ist zu verhindern, dass dieses Risiko auf den

Arbeitnehmer abgewälzt wird.

 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die monatliche oder wöchentliche Arbeitszeitdauer

flexibler handhaben zu können:

 

- Im Rahmen der Arbeit auf Abruf können Höchst- oder Mindestarbeitszeiten oder

auch eine Kombination aus beidem (sog. Bandbreitenregelungen) vereinbart werden.

Hierbei sind jedoch die Grenzen des § 12 Abs. 2 TzBfG zu beachten. Mit

diesen wird die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Gesetzesform

übernommen.

Kontaktieren Sie zur Formulierung Ihren DEHOGA Landes- oder Bezirksverband

oder einen Rechtsanwalt.

 

- In vielen Fällen ist ein Arbeitszeitkonto eine gute Alternative. Das bedeutet, es

wird eine regelmäßige (meist monatliche) Arbeitszeit vereinbart und vergütet.

Mehr- und Minderstunden werden in einem Arbeitszeitkonto erfasst und in einem

bestimmten Ausgleichszeitraum (z.B. Quartal, Halbjahr, Jahr) ausgeglichen. Erst

nach Ablauf des Ausgleichszeitraums wird Mehrarbeit finanziell ausgeglichen,

meist mit einem Zuschlag.

Fast alle DEHOGA Manteltarifverträge enthalten Regelungen zu Arbeitszeitkonten.

Informationen Sie sich dazu über Ihren DEHOGA Landes- oder Bezirksverband.

 

10. Was ist zu empfehlen, wenn in bestehenden Arbeitsverhältnissen mit Abrufkräften

eine Angabe zur Arbeitszeitdauer fehlt?

Es kommt auf den Einzelfall an. Möglich ist, dass aufgrund einer längeren Praxis eine

Arbeitszeitdauer bereits als konkludent vereinbart gilt (§ 12 TzBfG fordert keine ausdrückliche

oder schriftliche Vereinbarung). In den meisten Fällen wird allerdings eine

Vertragsergänzung auf Grundlage des bisherigen typischen Arbeitsanfalls sinnvoll

sein, um mögliche Risiken auszuschalten. Kontaktieren Sie hierzu Ihren DEHOGA

Landes- oder Bezirksverband oder einen Rechtsanwalt.

 

Rechtlicher Hinweis: Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernehmen wir keine Haftung für die Richtigkeit,

Vollständigkeit und Aktualität dieser Publikation. Sie soll gastgewerblichen Betrieben als Hilfestellung

dienen und sie bei der Umsetzung der arbeitsrechtlichen Vorschriften unterstützen. Sie stellt jedoch keine

Rechtsberatung und vermag eine Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt bzw. den DEHOGA Landesverband

im Einzelfall auch nicht zu ersetzen. Vertragsmuster erhalten Mitgliedsbetriebe bei Ihrem DEHOGA

Landes- bzw. Bezirksverband. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird durchgängig die männliche Form

verwendet; dies ist geschlechtsneutral zu verstehen.