Neustart in Gastronomie und Hotellerie mit großen Sorgen: Umfrage bestätigt dramatische Lage des Gastgewerbes

Branche kämpft ums Überleben / 82 Prozent Umsatzeinbußen seit März / Öffnung der Betriebe nicht wirtschaftlich / DEHOGA Bayern-Präsidentin Inselkammer: „Es darf keine nicht nachvollziehbaren Entscheidungen geben, bei denen der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird oder das Infektionsrisiko in keinem Verhältnis zum entstandenen Schaden steht“

(München) Nach der Wiedereröffnung der Außengastronomie sowie der Speiselokale fällt die Bilanz der Wirte erschreckend aus. 83,2 Prozent der bayerischen Betriebe geben an, dass ein wirtschaftliches Handeln unter Berücksichtigung der coronabedingten Auflagen nicht möglich ist. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des DEHOGA Bayern unter rund 2.300 gastgewerblichen Betrieben hervor. „Die Lage ist dramatisch“, erklärt DEHOGA Bayern-Präsidentin Angela Inselkammer die Umfrageergebnisse. „In diesem Zusammenhang wäre zum Beispiel eine zeitlich frühere Angleichung der Öffnungszeiten der Außen- an die Innengastronomie sehr wichtig gewesen. Warum das jetzt erst am Dienstag nach Pfingsten möglich sein soll, erschließt sich mir nicht. Wichtig wäre auch, Hochzeiten oder Trauerfeiern wieder zu ermöglichen. Wenn Abstandsregeln und Hygienekonzepte eingehalten werden, macht es doch für ein Virus keinen Unterschied, ob sich Gäste kennen oder nicht.“

Inselkammer erinnert in diesem Zusammenhang auch an die Betriebe, die noch nicht einmal eine Eröffnungsperspektive haben, wie Bars, Clubs, Diskotheken oder Festzeltbetreiber: „Wenn wir nicht einen großen Teil unserer gelebten und geliebten Kultur verlieren wollen, muss jetzt ein Rettungsfonds mit direkten, nicht rückzahlbaren Finanzhilfen sehr schnell kommen.“

Nach der Wiedereröffnung berichten 84,0 Prozent der Betriebe, dass sich ihre Umsatzerwartungen nicht erfüllt hätten. So meldet fast jedes dritte Restaurant (26,3 Prozent) lediglich einen Umsatz zwischen 25 und 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 29,4 Prozent der Betriebe kommen auf einen Umsatz zwischen 10 und 25 Prozent der Vorjahreswerte. 25,1 Prozent der Betriebe erzielen sogar weniger als 10 Prozent der Normalumsätze. Nur bei 19,2 Prozent der Befragten lagen die Umsatzverluste bei weniger als 50 Prozent.

Das Ausmaß der dramatischen Betroffenheit wird deutlich bei der Antwort auf die Frage nach den coronabedingten Umsatzeinbußen seit dem 1. März. So beklagen die Betriebe durchschnittliche Umsatzverluste in Höhe von 82 Prozent. Bezogen auf das Gesamtjahr rechnen die Betriebe mit einem Umsatzrückgang von mindestens 57 Prozent.

Auch der Blick auf die anstehende Öffnung der Hotellerie zum Pfingstsamstag lässt keine Freude aufkommen: In 69,6 Prozent aller Beherbergungsbetriebe kam es allein aufgrund der Tatsache, dass eine Anreise nicht bereits am Freitagabend möglich ist, zu Gästeabsagen. „Mir kann kein Mensch glaubhaft erklären, dass eine Anreise am Vorabend gegenüber Samstagmorgen das Infektionsrisiko in irgendeiner Art und Weise erhöht hätte“, so Inselkammer, „der wirtschaftliche Schaden, der daraus entstanden ist, ist hingegen enorm.“

Auch dass man, wie heute in der Pressekonferenz im Nachgang zur Kabinettssitzung verkündet, erst einmal die Erfahrungen anderer Länder hinsichtlich der Öffnung von Saunen und Wellnessbereichen abwarten wolle, hat konkrete wirtschaftliche Auswirkungen. So gab über ein Viertel aller Beherbergungsbetriebe (25,4 Prozent) an, dass das fehlende Wellnessangebot zu Gästeabsagen geführt habe.

„Für mich in keinster Weise nachvollziehbar ist es, dass nach wie vor keine Tagungen in Hotels stattfinden dürfen“, so die DEHOGA Bayern-Präsidentin: „Das verstößt für mich gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ein Virus macht doch keinen Unterschied zwischen Tagungen in Bildungseinrichtungen, in denen dies bereits erlaubt ist, und Hotels mit Tagungsräumen. Wenn eine Live-Kabinettssitzung möglich ist, muss doch auch eine Tagung im Hotel möglich sein. Wenn es nunmehr sogar ab 15. Juni Kinos wieder gestattet wird, zu öffnen, warum soll es dann Tagungshotels mit speziellen Hygienekonzepten und unter Einhaltung von Mindestabständen weiterhin verwehrt werden, wieder an den Start zu gehen?“ Dass es sich hierbei nicht um ein Nischensegment handelt, zeigt die Umfrage: 39,4 Prozent aller Hoteliers haben aufgrund dieser Beschränkungen Stornierungen.

„Wir waren lange geduldig und tragen viele Entscheidungen, die unsere Existenz bedrohen mit, solange die Maßnahmen nachvollziehbar sind. Ich kann in diesem Punkt jedoch keine Antwort geben, wo ein Unterschied liegen soll“, so Inselkammer. Ähnlich dramatisch wie in der Gastronomie stellt sich die Buchungslage in der Hotellerie dar. So liegen die Buchungsrückgänge im Juni bei 66 Prozent unter den Werten des Vorjahresmonats, im August sind es 62 Prozent weniger und im September 60 Prozent.

Inselkammers Fazit: „Die Branche steht erst am Anfang eines langen Überlebenskampfes. Bei derart niedrigen Umsätzen bei erheblich gestiegenen Kosten für Corona-Auflagen und Kredittilgungen wird es ohne weitere staatliche Hilfen sowie möglichst flexible Anpassungen, wann immer es irgendwie möglich ist, nicht gehen. Es darf keine nicht nachvollziehbaren Entscheidungen geben, bei denen der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird oder das Infektionsrisiko in keinem Verhältnis zum entstandenen Schaden steht.“

– Ende der Pressemitteilung –